9 - La Puna     Mai 2009

Um wieder einmal völlig selbstständig Reisen zu können mieten wir für 5 Tage ein Auto, die Billigstvariante einen 3-türigen VW Gol (eine südamerikanische Mischung aus VW Golf und Polo). Seit über 100 Tagen haben wir schönes Wetter, aber ausgerechnet am Tag unserer Abfahrt regnet es, Nebelschwaden durchziehen die Landschaft und unsere Sicht beschränkt sich auf die nächsten 100 Meter. Nach einer Fahrt durch mystischen Regen- und Nebelwald entdeckt Sandra auf der Karte die Termas de Reyes. Was für Könige gut war, kann uns doch nur recht sein. Uns empfängt ein modernes und gediegenes Hotel mit geheizten Zimmern (!). In diesem kalten Nieselwetter macht es doppelt Spass aus dem dicken Bademantel zu schlüpfen und sachte ins heisse Wasser zu gleiten.

Am nächsten Tag sagen wir dem Luxus Adieu und brechen in wildere Gegenden auf. Über Schotterpisten rumpeln wir auf einen 4'000m hohen Pass um nachher wieder tief hinunter in ein felsiges Tal nach Iruya zu fahren. Eingeschlossen in den hohen Gebirgswänden empfinden wir diesen Ort als das Ende der Welt und mit der Rückfahrt am nächsten Tag auch als deren Anfang.

Wir bezwingen noch manche Pässe (bis zu 4'500m.ü.M.) und erreichen so die hochgelegenen Wüsten der Puna. Um all diese Haarnadelkurven und Höhenunterschiede gut zu überstehen greifen wir zu einem einheimischen Wundermittel und füllen pflichtbewusst immer eine Backe mit Cocablättern.

Den Regen haben wir in diesen hohen und trockenen Regionen hinter uns gelassen, dafür verschwindet der Horizont immer schneller in einem gelb-rötlichen Dunst. Der Wind beginnt zu Pfeifen und plötzlich wird es dunkel, wir befinden uns mitten in einem Sandsturm. Starke Böen lassen Sandkörner gegen unser Auto prasseln, das Öffnen der Türen und Fenster wird unmöglich. Wir fahren im Schritttempo oder halten sogar an, da wir nur noch knapp unsere Kühlerhaube sehen. Irgendwann erreichen wir unser langersehntes Ziel: San Antonio de los Cobres!

Nach einer kalten Nacht erwartet uns ein noch kälterer Morgen, die wenigen Menschen auf der Strasse sind dick eingemummt, die Flüsse und unsere Autoscheiben sind zugefroren. Nichts desto trotz brechen wir auf und fahren in Richtung Salzseen. Nach anfänglich guter Sicht wiederholt sich das sandige Spektakel vom Vortag. Aber wir sind nun schon tief in die Hochtäler der Puna eingedrungen und um wieder auf die Hauptstrasse zu kommen liegen noch über 50km unwegsame Piste vor uns. Mit viel Herzklopfen, genügend Wasser und Proviant biegen wir ab und folgen einer einsamen, wegweiserlosen Spur am Boden. Ganz alleine kämpft sich unser kleiner Gol durch das praktisch unbefahrbare Gelände. Wir bestaunen aber trotzdem die intensiven Farben, die zwischen den stürmischen Sandattacken zum Vorschein kommen. Kopfschüttelnd wundern sich ein paar einsame Vicuñas über den seltenen Besuch. Immer wieder spulen die Räder im Leeren, das Adrenalin steigt, die Pneus greifen wieder und deutlich hörbar werden zwei Seufzer der Erleichterung. Wir sind überglücklich als wir nach Stunden die geteerte Hauptstrasse heil erreichen.

Als absoluten Leckerbissen erleben wir die Salinas Grandes am späten Nachmittag bei klarem Wetter und sind überwältigt von der in Weiss getauchten Welt. Nach all diesen wunderbaren Strapazen und unvergesslichen Abenteuern haben wir uns eine Entsandungskur verdient und geniessen nochmals die königlichen Termen, nun aber bei strahlendem und warmem Wetter.

Wieder zurück in Salta lesen wir in der Zeitung von "vientos huracanados", "ráfagas de más de 100 kilómetros por horas" und "intenso frío con temperaturas por debajo de cerro grado". Fazit: Wir waren wieder einmal zur rechten Zeit am extremsten Ort!

© 2009 dos en camino :: cms: netzton